Goldscheider-Art

Drechselkunst aus Schwarzwald-Holz

Drechseln mit Grünholz

Was ist Grünholz?

Als Grünholz bezeichnet man das Holz von frisch gefallenen oder gefällten Bäumen. Grünholz ist sehr nass und wegen des hohen Wassergehaltes besonders schwer. Im Gegensatz zum getrockneten und gelagerten Holz, kann man Grünholz nicht für Schreiner-Arbeiten und im Instrumentenbau verwenden. Hierfür ist die sogenannte Maßhaltigkeit von größter Bedeutung. Das heißt, das Werkstück soll sich nach der Fertigstellung nicht mehr verändern. Schubladen und Türen dürfen nicht klemmen, Holzblasinstrumente sich nicht verstimmen und Streich-und Zupfinstrumente dürfen nicht reißen. Das alles aber passiert mit Grünholz durch den Trocknungsprozess. Holz kann also meistens nicht frisch sondern nur trocken verwendet werden.

Die Veränderungen beim Trocknen

Beim Trocken schwindet das Holz. Es verliert enorm an Gewicht, verformt sich und reißt. Es ändert die Farbe. Der Klang wird hell und klar. Holz wird härter und auch belastbarer. Deswegen werden Bäume noch als Grünholz zu Brettern, Bohlen und Latten gesägt und danach ausgiebig getrocknet. Für sehr hochwertige Produkte wie Musikinstrumente geschieht dies durch jahrelange Lagerung. Sind große Werkstücke vorgesehen, muss das Holz auch trocken noch einmal fachmännisch aufgesägt und wieder verleimt werden.

Handwerk oder Kunst?

Grünholz-Drechseln ist eine künstlerische Form des Drechselns. Maßhaltige Teile, wie Geländer, Stuhlbeine und technische Teile können damit nicht hergestellt werden. Zum Grünholz-Drechseln verwendet man nicht etwa gesägte Bohlen und Bretter sondern frische Abschnitte von Rundholz, also große Äste und Baumstämme, wie sie gewachsen sind. Man bearbeitet somit unförmige Stücke mit Rinde, Kern- und Splintholz. Beim Drechseln kann sogar Wasser herausspritzen – wie bei einer Zentrifuge. Das schnelle Drehen um eine Achse treibt den Saft im Holz nach außen. Je frischer das Grünholz, desto nasser wird man beim Drechseln.

Die Besonderheiten – Vor- und Nachteile

Grünholz ist weich, lässt sich leise und leicht mit den Drechselmessern schneiden. Ein weiterer Vorteil ist, dass beim Drechseln kein Feinstaub entsteht. Die fertigen Stücke lassen sich allerdings schlecht schleifen und polieren, weil sich Schleifmittel sofort zusetzen. Der größte Unterschied ist aber, dass sich alles nach der Fertigstellung mehr und mehr verformt und wölbt und sogar reißen kann. Diese natürlichen Verformungen kann man jedoch künstlerisch nutzen. Sie folgen den naturgegebenen Eigenschaften von Bäumen und Holz. Entlang des Kerns, des Herzens eines Stammes, wölben sich die Schalen auf. Zudem werden sie entlang dieser Achse länger. Das bedeutet, sie werden oval.

Herausforderungen des Grünholz-Drechselns

Die größte Herausforderung beim Grünholz-Drechseln ist, dass die Verformungen bereits auf der Drechselbank beginnen. Durch die Wärmeentwicklung beim Schneiden und die hohen Drehzahlen setzt der Trocknungsprozess erstaunlich schnell ein. Das Drechseln mit Grünholz ist auf diese Weise ein Wettlauf mit der Zeit beziehungsweise der Trocknung. Die immer dünneren Wände lassen sich bei zunehmender Oval-Verformung irgendwann nicht mehr schneiden.

Warum drechselt man mit Grünholz?

Jedes Stück ist anders und jedes Stück verhält sich auf der Drechselbank anders. Doch nur beim Grünholz-Drechseln kann man den gesamten Stamm mit allen Schichten des Holzes, mit den unterschiedlichen Maserungen und Färbungen von Splint und Kern sowie dem Herz zur Geltung bringen. Nur Grünholz ist noch vollständig. Bei Brettern, Bohlen und Balken ist das Herz bereits herausgesägt. Andererseits würde der ganze Baum, wenn er nicht aufgesägt würde, sowieso reißen (siehe Bild oben). Nur Grünholz ist noch nicht zu stark gerissen um es überhaupt im Ganzen zu bearbeiten.

Grünholz-Drechseln ist nicht gleich Grünholz-Drechseln!

Gedrechselte Schalen sind häufig aus Grünholz hergestellt. Sie bestehen jeweils aus halben Stammabschnitten. Diese wären sehr hart und schwer zu bearbeiten, wenn sie einmal trocken sind. Doch viele Drechsler machen das in zwei Stufen. Sie fertigen Rohlinge aus Grünholz und lassen diese einige Monate trocknen. Die dünneren Teile reißen weniger und trocken schneller. Trocken können die Rohlinge in die Endform gebracht werden. Das trockene Werkstück lässt sich sehr gut schleifen und polieren und verformt sich nicht mehr. Man verliert aber auch das Herz des Baumes.